Vergleichstest
Nachrüstverkleidungen
der Zeitschrift Motorrad
von 1999
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Bei Sportveranstaltungen
oder als dauerhafter Ersatz für die Originalhülle leisten
Nachrüstverkleidungen gute Dienste. |
Von Holger Hertneck; Fotos: fact,
Hertneck |
Gut zwei Jahre nach dem
Verkleidungstest mit der Honda CBR 600 F (siehe MOTORRAD
14/1997) steckte MOTORRAD eine Suzuki GSX-R 750 in eine Handvoll
Zubehörhüllen. Die passen ganz nebenbei auch ihrer baugleichen
kleinen Schwester, der GSX-R 600. Ein Grund mehr, sich des
beliebten japanischen Sportlers anzunehmen und
Montagefreundlichkeit und Passform von Zubehörverkleidungen zu
testen.
Ein erstes Problem kann bereits lange vor dem Montieren
auftreten. Von knapp 20 potentiellen Kandidaten für die GSX-R,
konnten lediglich fünf Hersteller die gewünschte
Nachbauverkleidung innerhalb der vorgegebenen Frist von zwei
Wochen liefern. Ansonsten kann die Lieferzeit in den
Sommermonaten schon mal bis zu sechs Wochen betragen.
Als Verkleidungswerkstoff wählte MOTORRAD mit glasfaserverstärktem
Kunststoff (GFK) die preisgünstigste Variante. Daneben bieten
nahezu alle Hersteller Verkleidungen aus Karbon oder Kevlar an.
Mehr zu den Eigenschaften der verschiedenen Werkstoffe auf Seite
132.
Nachdem alle Verkleidungen in riesigen Kartons verpackt in der
Redaktion eingetrudelt waren, verdrückten sich
MOTORRAD-Oberschrauber Gerry und der Autor einige Tage in der
Werkstatt. Der erste Arbeitsschritt bestand darin, je nach
Hersteller zwei bis fünf Verkleidungsteile aus den mit
Styroporschnipseln, Papierfetzen, Plastiktüten und anderem
Verpackungsmüll vollgestopften Kartons zu fischen.
Die zweiteiligen Testteilnehmer von Heru, MPR und Presser &
Kuhn warten mit einer Besonderheit auf: Der Spritzschutz im
Verkleidungskiel sowie die Kühlerinnenverkleidung sind in die
Unter- beziehungsweise Oberteile der Verkleidungshälften
integriert. Pferrer verwendet an diesen Stellen die perfekt
passenden Teile der Originalverkleidung. Moto Forza benutzt nur
die drei Originalteile der Kühlerinnenverkleidung und als
Spritzschutz ein eigenes Bauteil.
Aus wieviel Teilen die Verkleidung bestehen soll, ist eine
Geschmacksfrage. Bei den zweiteiligen stören weniger
Verbindungsspalte das Erscheinungsbild. Mehrteilige Hüllen
haben hingegen den Vorteil, dass bei Beschädigungen nur das
betreffende Bauteil ausgetauscht wird - was wesentlich billiger
kommt.
Um Platz für die bei der GSX-R 750 links vor dem Kühler
sitzende Hupe zu schaffen, müssen die Innenverkleidungen von
Heru, MPR sowie Presser & Kuhn an dieser Stelle etwas
ausgeschnitten werden. Diese Arbeit ist in wenigen Minuten
erledigt, ganz im Gegensatz zur kompletten Montage der
Verkleidungen. Unbegabte Schrauber überlassen den Anbau besser
einer Fachwerkstatt. Alle anderen sollten sich einen Helfer
zulegen, mit dem einige Arbeitsschritte deutlich besser
flutschen.
Den geringsten Aufwand erfordert die Verkleidung von Pferrer.
Scheinwerfer-, Blinkerhalterungen und sämtliche Bohrungen sind
vorgefertigt. Nur drei Bohrungen an der Bodenwanne müssen
minimal aufgefeilt werden, damit die Originalschrauben passen.
MOTORRAD ließ sich übrigens bestätigen, dass alle Kunden eine
derart vorbereitete Verkleidung erhalten. Das gilt ebenfalls für
die anderen Anbieter, die allesamt versicherten, dass die
gelieferten Verkleidungen denen für Privatkunden entsprechen.
Mit einer Ausnahme - im positiven Sinne: Bei der
Heru-Verkleidung fehlten die Scheinwerferhalterungen, die nach
Angabe von Heru auf Wunsch ohne Aufpreis einlaminiert werden.
Voraussetzung hierfür ist das Einsenden des Scheinwerfers.
Somit bleibt nur ein Hersteller übrig, der keine
Scheinwerferhalterungen anbietet. Käufer der Moto
Forza-Verkleidung müssen sich selbst eine Lösung einfallen
lassen. MOTORRAD entschied sich für vier lange Schrauben und
durchbohrte kurzerhand die Verkleidung an den entsprechenden
Stellen. Das hält zwar ausreichend, sieht aber alles andere als
gelungen aus.
Immerhin gehört Moto Forza neben Pferrer zu den Herstellern,
die Original-Blinkerbefestigungen vorsehen. Während die
Halterungen bei der Verkleidung von Pferrer bereits
montierfertig sind, müssen sie bei Moto Forza passend gebohrt
und aufgefeilt werden. Danach passen auch sie perfekt. Bei den
Verkleidungen von Heru, MPR und Presser & Kuhn bleibt es dem
Kunden überlassen sich ein geeignetes Plätzchen für die
Blinker auszusuchen - Improvisationstalent und
Schraubererfahrung hilft hier weiter.
Nachdem alle Verkleidungen mehr oder weniger zufriedenstellend
montiert waren, ging es auf Testfahrt. Auf einem gemischten
Landstraßen-/Autobahnparcours prüfte MOTORRAD die Stabilität
der Teilnehmer. Die Ergebnisse waren durchweg positiv. Weder auf
holprigen Landstraßen noch auf der Autobahn jenseits der 200
km/h traten auffällige Vibrationen auf.
Alles in allem lief der Verkleidungstest deutlich
zufriedenstellender ab als noch vor zwei Jahren mit der CBR 600
F. Sowohl bezüglich Passgenauigkeit als auch in puncto
Montageaufwand konnten die Teilnehmer wesentlich mehr Pluspunkte
sammeln. GSX-R-Fahrer können sich also getrost für die preisgünstigen,
eintragungspflichtigen Zubehörverkleidungen entscheiden. Die
zusätzlichen 500 bis 1000 Mark Lackierkosten für die
Nachbauten sollten sie beim Kauf allerdings berücksichtigen. |
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Heru |
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Preis: 820 Mark
Werkstoff: GFK
Ausführung: Zweiteilig
Gewicht: 2,88 Kilogramm
Grundfarbe: Weiß
Bemerkungen: Scheinwerferhalterungen an der Testverkleidung
nicht vorhanden; die Halterungen werden aber bei Einsenden des
Scheinwerfers ohne Aufpreis passend einlaminiert;
Blinkeraufnahmen fehlen - Lage und Ausführung bleibt dem Kunden
überlassen; einige Haltepunkte mit Karbon/Kevlarmatten verstärkt;
zwei serienmäßige Haltepunkte am Unterteil entfallen; benötigte
Schrauben für die Verbindung von Ober- und Unterteil sowie
Schrauben und Distanzbuchsen für die hintere
Bodenwannen-Befestigung sind nicht im Lieferumfang enthalten;
Bodenwanne geschlossen; Materialgutachten liegt bei;
Einzelpreise: Oberteil 520 Mark, Unterteil 300 Mark
Montagezeit: Drei Stunden
Passgenauigkeit: Gut bis sehr gut
Fazit: Gut verarbeitete Verkleidung mit geringen
Montageproblemen im Bereich der Blinkerhalterungen
MOTORRAD-Urteil gut
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Moto Forza |
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Preis: 830 Mark
Werkstoff: GFK
Ausführung: Fünfteilig
Gewicht: 2,72 Kilogramm
Grundfarbe: Weiß
Bemerkungen: Scheinwerferhalterungen nicht vorhanden;
Blinkerhalterungen vorhanden, nicht vorgebohrt;
Verkleidungsteile nicht vorgebohrt; einige Haltepunkte mit
Karbon/Kevlarmatten verstärkt; viel Bohrarbeiten nötig, um die
vielteilige Verkleidung zu montieren; relativ große Spaltmaße
zwischen Oberteil und Seitenteilen; Materialgutachten liegt bei;
Einzelpreise: Oberteil 300 Mark, Seitenteile je 190 Mark,
Unterteile 150 Mark; die Verkleidung ist ab dem Kaufdatum für
ein Jahr Vollkasko versichert mit 25 Prozent Selbstbeteiligung -
gilt auch für Rennstreckenbetrieb
Montagezeit: Drei bis vier Stunden
Passgenauigkeit: Ausreichend
Stabilität: Sehr gut
Fazit: Durchschnittlich verarbeitete Verkleidung mit dem höchsten
Montageaufwand und den größten Spaltmaßen aller Teilnehmer,
aber mit Vollkaskoversicherung
MOTORRAD-Urteil befriedigend
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MPR |
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Preis: 950 Mark
Werkstoff: GFK
Ausführung: Zweiteilig
Gewicht: 3,28 Kilogramm
Grundfarbe: Weiß
Bemerkungen: Scheinwerferhalterungen vorhanden, die benötigten
vier M5-Schrauben fehlen; Blinkerhalterungen nicht vorhanden -
Lage und Ausführung bleibt dem Kunden überlassen; Kühlerinnenverschalung
im Oberteil integriert; Innenverschalung muss etwas ausgefeilt
werden, um Platz für die Hupe zu schaffen; Verkleidung an den
Verbindungspunkten von Oberteil zu Unterteil vorgebohrt; einige
Haltepunkte mit Karbon/Kevlarmatten verstärkt; Bodenwanne
geschlossen; Aufkleber und Materialgutachten liegen bei;
Einzelpreise: Oberteil 630 Mark, Unterteil 320 Mark
Montagezeit: Drei Stunden
Passgenauigkeit: Gut bis sehr gut
Stabilität: Sehr gut
Fazit: Gut verarbeitete Verkleidung mit geringen
Montageproblemen im Bereich der Blinkeraufnahme
MOTORRAD-Urteil gut
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Pferrer |
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Preis: 1039 Mark
Werkstoff: GFK
Ausführung: Vierteilig
Gewicht: 2,92 Kilogramm
Grundfarbe: Grau
Bemerkungen: Scheinwerferhalterungen vorhanden;
Blinkerhalterungen vorhanden und bereits komplett vorgebohrt;
alle Verkleidungsteile vorgebohrt; die drei Kühlerinnenverkleidungsteile
werden vom Original übernommen, die zugehörigen
Innensechskant-Schrauben liegen bei; Scheinwerfer und Blinker
passen perfekt in die Aussparungen; drei Bohrungen am
Verkleidungskiel müssen minimal aufgefeilt werden, damit die
Original-Halteschrauben passen; ein Materialgutachten zur
Eintragung in die Papiere kostet 41 Mark extra; Einzelpreise:
Oberteil 342 Mark, Seitenteile je 331 Mark, Unterteil 114 Mark
Montagezeit: Zwei Stunden
Passgenauigkeit: Hervorragend
Stabilität: Sehr gut
Fazit: Sehr gut verarbeitete Verkleidung mit hervorragender
Passgenauigkeit und dem geringsten Montageaufwand
MOTORRAD-Urteil Sehr gut
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Presser & Kuhn |
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Preis: 699 Mark
Werkstoff: GFK
Ausführung: Zweiteilig
Gewicht: 3,64 Kilogramm
Grundfarbe: Schwarz
Bemerkungen: Scheinwerferhalterungen vorhanden, die benötigten
vier M6-Schrauben fehlen; Blinkerhalterungen nicht vorhanden;
Verkleidungsteile komplett vorgebohrt; Lage und Ausführung der
Blinkeraufnahme bleibt dem Kunden überlassen; Innenverschalung
muss etwas ausgefeilt werden, um Platz für die Hupe zu
schaffen; sechs Schnellverschlüsse (und ein Ersatz) aus
Kunststoff für die Verbindung von Ober- und Unterteil
vorhanden; der Scheinwerferausschnitt und eine Bohrung in der Nähe
des Seitenständers sind etwas zu klein geraten; Bodenwanne
geschlossen; Materialgutachten liegt bei; Einzelpreise: Oberteil
390 Mark, Unterteil 309 Mark
Montagezeit: Drei Stunden
Passgenauigkeit: Gut bis sehr gut
Stabilität: Sehr gut
Fazit: Gut verarbeitete, recht günstige Verkleidung, mit
geringen Montageproblemen im Bereich der Blinkeraufnahme
MOTORRAD-Urteil gut
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Viele Verkleidungskäufe ließen
sich vermeiden, wenn sich die Sturzkandidaten vorher sogenannte
Sturzpads ans Motorrad montiert hätten. Die schützen nicht nur
Verkleidungsteile, sondern ebenso Gehäuse- und Motordeckel vor
größeren Schäden. Für fast alle Motorradtypen gibt es im
Fachhandel passende Sturzpads aus Aluminium oder Kunststoff, die
einfach an vorhandene Motorhalterungen geschraubt werden. Ein
Paar der abgebildeten Alu-Pads von Metisse kosten 175 Mark.
Technisch versierte Bastler drehen sich ihre Pads aus
Kunststoff-Rohmaterial auch schon mal selbst. |
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Rennverkleidungen |
Fast alle
Verkleidungshersteller liefern auch speziell für die
Rennstrecke angepasste Hüllen in nahezu beliebiger Ausführung |
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Prinzipiell unterscheiden sich die
Rennverkleidungen nur wenig von den straßenzugelassenen
Pendants. Die Grundformen sind praktisch identisch. Zu den Auffälligkeiten
gehören beispielsweise fehlende Blinker und individuell
gestaltete beziehungsweise ebenfalls fehlende Lampenausschnitte.
Außerdem sorgen Schnellverschlüsse an allen Verbindungsstellen
und Haltepunkten für zügigen Verkleidungswechsel nach Sturzschäden
oder für Wartungsarbeiten.
Zu den weiteren Besonderheiten gehören die verwendeten
Verkleidungswerkstoffe. Meist bestehen diese aus Gewichtsgründen
aus dünn laminiertem GFK oder aus einem Karbon/Kevlar-Mix.
Reine Kohlefaser-Verkleidungen sind nach Brüchen extrem
scharfkantig und daher bei Sportveranstaltungen meist unzulässig.
Weitere Voraussetzung zur Teilnahme an einer der zahlreichen
Sportveranstaltungen sind darüber hinaus geschlossene
Verkleidungs-Bodenwannen, um bei eventuellen Motorschäden
austretendes Öl aufzufangen. In der Endurance-WM sind zusätzliche
Ablass-Schrauben Pflicht (siehe Foto), damit die Bodenwannen bei
stundenlangen Regenschlachten kein Wasser sammeln. |
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